Further Complications

Ob beim Essen mit ihren Verwandten, beim Plaudern mit ihren Schulkameradinnen ihrer neuen boarding school oder bei ihren nächtlichen Essayversuchen: Marina, die Protagonistin des Romans Almost English, ist einfach ständig angespannt. Man möchte ihr sofort eine Dosis Beruhigungspillen verabreichen, so sehr springen die nervöse Abgehacktheit ihrer Gedanken, ihr zwanghaftes Kreisen um immer dieselben Gedanken auf einen über. Man möchte sie schütteln, wenn sie beim Treffen mit den Upper Class-Eltern ihres Freundes wirres Zeug daherredet und sich an sämtlichen Tisch- und Sofaecken stößt. Get a grip, for god’s sake, möchte man ihr ins Gesicht schleudern, wenn sie panisch versucht, ihre peinliche ungarische Verwandtschaft von ihren Mitschülern fernzuhalten. Aber man weiß auch, wie schwer man es in der Schule mit einem nicht ganz perfekten Körper haben kann, wie schwer es ist, in diesem Alter bereits die Weichen zu legen, die einen problemlos ins Erwachsenenalter hinübergleiten lassen.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Auch Laura, Marinas Mutter, hat mit Nervosität und kreisenden Gedanken zu kämpfen. Nach dem vermeintlichen Tod ihres Mannes zieht sie zu dessen ungarischen Verwandten und sitzt ihre Zeit abwechselnd in einer kleinen Arztpraxis und in einer engen Londoner Wohnung ab. Eines Tages jedoch bekommt sie einen Brief vom totgesagten Gatten…
Diese beiden Handlungsstränge werden parallel nebeneinander erzählt. Die Stärke liegt dabei in den kantigen Dialogen und den scharfsichtigen inneren Monologen. Auch wenn letztere manchmal ein wenig zu ausführlich und redundant geraten, evozieren diese auf gelungene Weise das Gefühl, als würden sich die beiden Protagonistinnen in einer Schlinge befinden, die sich immer weiter zuzieht. Erst nach dem wortwörtlichen Befreiungserlebnis am Ende kann auch der Leser wieder aufatmen.

almost20english
[Eine deutsche Übersetzung wird wohl dieses Jahr erscheinen.]

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