Literarische Verwirrspiele

Es gibt Romane, in denen die Literatur selbst die Protagonistin ist. Meistens ist sie in der schwächeren Position oder wird gar bedroht, durch einzelne Personen oder ganze Organisationen.

In “Der Zauber der ersten Seite” (frz. Au bon roman) von Laurence Cossé zum Beispiel wollen gutherzige Bücherwürmer eine Buchhandlung mit dem Namen “Der gute Roman” eröffnen. Verkauft werden sollen nur Romane, die von einem anonymen Kreis aus belesenen und gelehrten Menschen ausgewählt wurden. Als jedoch drei Mitglieder dieses Komitees angegriffen werden, ist der anfängliche Optimismus verflogen. Nicht nur die Sicherheit der Komiteemitglieder, sondern auch die Zukunft der guten Romane steht auf dem Spiel…
Leichtfüßig, aber niemals seicht geschrieben.

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“Der Schatten des Windes” (span. La sombra del viento) von Carlos Luis Zafón spielt in Barcelona und widmet sich nur einem einzigen Roman, dafür einem ziemlich bedrohten und mysteriösen. Vom “Schatten des Windes” existieren nur noch wenige verstreute Exemplare, und als Daniel eines Tages eines davon im “Friedhof der Vergessenen Bücher” entdeckt, weiß er, dass dieses Buch sich nachhaltig auf sein Leben auswirken wird. Prompt begegnet er auch einem seltsamen Mann, der ihm seine Ausgabe abluchsen und vernichten will – denn der Autor dieses Buches spaltet mehrere Generationen und Familien.
Vielleicht ein paar zu viele seltsame Gestalten und verlassene Häuser, aber durchaus eine lohnende Lektüre.

In Antonia S. Byatts “Besessen” (engl. possession) entwendet der Doktorand Roland Michell einige handgeschriebene Briefe aus einem alten Bibliotheksbuch. Diese Briefe deuten darauf hin, dass der viktorianische Autor, zu dem er forscht, eine außereheliche Affäre hatte. Schon bald sind einige Leute hinter diesen Briefen her – Michells Professor, für den die Briefe natürlich einen ungeheuren Beitrag zur Forschung darstellen, ein amerikanischer Privatsammler, der sie in seine eigene Sammlung einreihen möchte, und Dr Bailey, die die Briefe für ihre eigene feministische Forschung nutzen will. Nichts Geschriebenes (und seien es nur Briefe) bleibt je unbescholten oder konsequenzlos.
Wer sich diesem Werk widmen will, braucht Sitzfleisch, denn es bietet einen Par-Force-Ritt durch verschiedene Zeitebenen und verschiedenste literarische Gattungen.

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3 Comments Add yours

  1. Gringo says:

    Da wünscht man sich mit einem Buch in der Hand in einer stillen kuscheligen Ecke zu sitzen und ab und zu zu den eigenen Bücherregalen aufzublicken und immer mehr in den Kissen zu versinken und Raum und Zeit zu vergessen und den Bildern nachzuhängen, die in uns durch das Lesen aufsteigen und zu vergessen, dass wir nur ein Buch in der Hand und Worte auf den Blättern und Schriftzeichen in den Augen haben und die Geschichten wie von selber erzählen zu hören.

  2. finbarsgift says:

    tolle Buchtipps!
    Den Zafon schätze ich sehr 🙂

    1. Ja, obwohl das Buch an ein, zwei Stellen ein bisschen schwächelt… aber ich mag Zafons “blumigen” Stil 🙂

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