Dieser laemmchenfund ist gleich ein Fund im doppelten Sinne: Vor einigen Wochen sah ich ein herrchen(bzw. frauchen-)loses Buch auf einer Bank in einem Bushäuschen sitzen. Schüchtern blinzelte mich der Mond auf seinem Umschlag an. Eine schöne Ausgabe vom Europäischen Buchklub, das Cover wie gemalt. Ich war sofort hin und weg, nahm es in meine Arme und trug es in die Wohnung hinauf. Dort befreite ich es kurz von seiner dicken Staubschicht und stellte es dann erstmal ins Regal. Erst vor ein paar Tagen nahm ich es dann wieder zur Hand – um festzustellen, dass es auch zwischen seinen Pappdeckeln vor laemmchenfunden wimmelt. Hier eine kurze Kostprobe, zum Thema “Liebe”:

Ich will dich gar nicht beherrschen. Ich will keine belastenden Gefühle zwischen uns. Liebe ist nicht Gefühl und Empfindung. Liebe ist Kampfbereitschaft, eine Leere, die nichts zurückläßt – so wie der Tod. Wenn ich es je lernen sollte, dich zu lieben – was der Himmel verhüten möge -, werden wir beide nach den gewöhnlichen Maßstäben hart- und gefühllos sein. Liebe ist nämlich weder schmutzige Sentimentalität noch kindische Gier, nicht der leere Hohn des Besitzens und nicht Erpressung durch Tränen. Die meisten Menschen wissen überhaupt nicht, was Liebe ist. Und ich wußte es bis jetzt eben auch nicht. Ich sage es auch nur deinetwegen. Liebe heißt, aneinander zu wachsen.

(Han Suyin: Alle Herrlichkeit auf Erden)

P.S. Gerade eben habe ich bemerkt, dass vorne auf der allerersten Seite etwas mit Kugelschreiber geschrieben steht. Romeo […] München Februar 2000. Jetzt haben wir Februar 2019 – schon 19 Jahre her. Ob das Buch ein Geschenk von besagtem Romeo war? Automatisch vermutet man einen romantischen Hintergrund, weil Romeo so ein romantischer Name ist. Ob sich die Leute jetzt immer noch Bücher schenken? Was passiert mit der Welt, wenn die Menschen aufhören, einander Bücher zu schenken?